Relegation und Studienzulassung

Zu den wichtigsten Instrumenten der nationalsozialistischen Hochschulpolitik gehörten Zulassungsregelungen, die von politischen und rassischen Auswahlkriterien ausgingen. Bestimmte Bevölkerungsgruppen wurden bevorzugt zum Studium zugelassen und andere ausgeschlossen. Nach der „Machtergreifung“ wurde noch im Frühjahr 1933 die Studienzulassung für Juden durch das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ vom 25. April 1933 erschwert. Danach durften nur noch 1,5 Prozent der Erstimmatrikulationen, bzw. fünf Prozent der Gesamtstudierendenzahl „jüdischer Abstammung“ sein. Eine in Greifswald vorgenommene Erhebung ergab, dass nur drei "Nichtarier" immatrikuliert waren und damit der vorgegebene Satz weit unterschritten wurde. Er lag bei 0,15 Prozent. Man beschloss – da ein Ministerialerlass vom 16. Juni 1933 dies freistellte - diese Marke intern als Zulassungsgrenze zu fixieren, um den befürchteten Zuzug von Juden, denen eine Immatrikulation an anderen Universitäten versagt wurde, zu verhindern. Dieser vorauseilende Gehorsam signalisiert Zustimmung zur NS-Rassenpolitik und knüpft an antisemitische Vorbehalte an, die seit dem Kaiserreich virulent waren. 1934 und 1935 wurden zwar wieder wenige Juden zum Studium zugelassen, die Quote aber nunmehr auf 0,12 Prozent abgesenkt.

Studierende aus dem Ausland konnten überhaupt nur mit Genehmigung der Zentralstelle für das Studium der Ausländer zugelassen werden. Ausländische Studierende der Medizin, bei denen der Anteil jüdischer Studenten besonders hoch war, erhielten nach einem Erlass des Reichsministeriums des Inneren vom 29. März 1933 nach dem Studienabschluss keine deutsche Approbation mehr – womit man ihnen de facto den Berufsabschluss verweigerte und ihre Studienleistung entwertete.

Mit Erlass vom 29. Juni 1933 wurden schließlich auch Studenten an preußischen Hochschulen, die sich zuvor im sozialdemokratischen oder kommunistischen Sinne engagiert hatten, mit sofortiger Wirkung vom Studium ausgeschlossen. In Greifswald betraf das die Studenten Peter Adler und Walter Orloff, denen kommunistische Betätigung vorgeworfen wurde.

Insgesamt war die Zahl der Neuzulassungen zum Studium durch das Überfüllungsgesetz auf 15.000 Studierende beschränkt worden, was zu einer langsamen aber nachhaltigen Dämpfung der Entwicklung der Studentenzahlen an allen deutschen Hochschulen führte. Gleiches galt auch für Greifswald.

Die Immatrikulationen an deutschen Hochschulen gingen bis 1940 um bis zu 65 Prozent zurück – in Greifswald waren es zeitweise beinahe 80 Prozent. Die Zahl der Studenten aus den Mittelschichten und die der weiblichen Studierenden nahm jedoch vorerst weiter zu.

Entwicklung der Studentenzahlen an der Universität Greifswald zwischen 1918 und 1944