"Säuberung", Repression und Verfolgung
Die Folgen der nationalsozialistischen Personalpolitik für die Universität Greifswald sind bis vor einigen Jahren durchaus kontrovers beurteilt worden. Aufgrund der peripheren Lage der Universität und ihrer geringen Bedeutung meinte man, hier seien Nischen für unangepasste Akademiker länger und zum Teil durchgängig bestehen geblieben, ja Greifswald sei sogar als ein „Abschiebeort“ für politisch nicht linientreue Akademiker anderer Universitäten betrachtet worden. Für diese Bewertung gibt es nur wenige Anhaltspunkte in einzelnen akademischen Biographien, etwa bei den aus Breslau und Kiel nach Greifswald versetzten Theologen ERNST LOHMEYER und WALTER BÜLCK. Die meisten Professoren passten sich den Vorgaben des Regimes an. Dabei war es nicht in erster Linie die Attraktivität der nationalsozialistischen Ideologie, sondern die Chance auf einen Revanchekrieg gegen Frankreich, die ihnen die Forderungen nach der Neuausrichtung ihrer Wissenschaften plausibel vermittelte. Das Reichministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung setzte nach 1933 zudem bewusst eine Rotation des Personals in Gang, die durch Versetzungen eine hohe Mobilität erzeugte und vertraute Karrieremuster aufbrach. Die neuen Handlungsmöglichkeiten und -bedingungen nutzten die etablierten und neu berufenen Akteure bewusst zur eigenen Profilierung.
Die rassistisch und politisch motivierte „personelle Säuberung“ des Lehrkörpers und der Studentenschaft waren die vordringlichen Ziele der NSDAP nach der Übernahme der Regierungsgewalt. Dieser „Säuberung“ fiel an den deutschen Universitäten und Hochschulen im Durchschnitt etwa ein sechstel des gesamten Lehrkörpers zum Opfer – in Greifswald waren es etwas weniger.