„Führerprinzip”

Die „vorläufigen Maßnahmen zur Vereinfachung der Hochschulverwaltung“, die im Oktober 1933 verfügt wurden, übertrugen die Rechte des engeren Senats auf den weiteren Senat der Hochschulen. Die gesamte Exekutivgewalt lag allerdings beim Rektor. Dieser wurde nun nicht mehr vom Senat gewählt, sondern vom Minister ernannt. Konsequenterweise wurde auch der alte Rektoreid abgeschafft und der Rektor gelobte nun „Adolf Hitler getreu, das Amt des Rektors der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald im Geiste der nationalsozialistischen Bewegung zu führen.“ Der Rektor ernannte die Dekane und diese selbst ihre Stellvertreter. Der Senat, dem nur die Dekane sowie der Führer der Dozentenschaft mit zwei Dozenten und – erstmalig – auch Studenten angehörten, hatte lediglich noch beratende Funktion. Dem „Führerprinzip“ entsprach auch die Schaffung einer zentralen Instanz für das Hochschulwesen in Form des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung zum 1. Mai 1934, dessen Kern aber der Behördenapparat des früheren Preußischen Kultusministeriums bildete. Darüber hinaus mussten sich Universität und Ministerium mit den Instanzen der NSDAP ins Benehmen setzen. In den Fakultäten wurde das „Führerprinzip“ ebenfalls durchgesetzt. Die „Richtlinien zur Vereinheitlichung der Hochschulverwaltung“ vom 1. April 1935 implementierten diese Hochschulverfassung dann schließlich einheitlich an allen deutschen Universitäten. Tatsächlich hat dieses oktroyierte System das alte Kollegialitätsprinzip nicht vollständig beseitigen können, wenn auch häufig informelle Absprachen an die Stelle förmlicher Beratungen traten. Zwischen 1933 und 1945 waren Wilhelm Meisner, gefolgt von Karl ReschkeKurt Wilhelm-Kästner und Carl Engel Rektoren der Universität Greifswald.

Der Ophtalmologe Meisner war Deutschnationaler und Mitglied der DNVP. Er wurde erst am 1. Mai 1937 in die NSDAP aufgenommen. 1933 erklärte er noch recht unverbindlich, die „alte Hochschule als dienendes Glied in die Volksgemeinschaft“ einreihen zu wollen. Seiner Wiederernennung 1935 stand zeitweilig eine Auseinandersetzung mit dem Ministerium entgegen. Hintergrund war die von ihm unterstützte Umwandlung der persönlichen Professur des „Nichtariers“ Josef Juncker (der unter die Ausnahmeregelungen von §3 des Berufsbeamtengesetzes fiel) in eine planmäßige Professur.

Nach Ablauf der Amtszeit Meisners wurde 1936 Karl Reschke zum Rektor ernannt, der erst kurz zuvor gegen den Willen der Mehrheit der Medizinischen Fakultät zum ordentlichen Professor ernannt worden war. Reschke war seit Mai 1933 Mitglied der NSDAP und SS-Führer. Eines seiner Arbeitsziele formulierte er gleich in der Rektoratsrede: „Wir wollen die letzten Schranken, die zwischen der geistigen Haltung der Partei und unserer Hochschule noch bestehen, fallen lassen.“ Folgerichtig suchte Reschke den Schulterschluss mit der NSDAP-Gauleitung, ebenso wie sein Nachfolger Kurt Wilhelm-Kästner ab dem 1. November 1938. Der Kunsthistoriker und Direktor des Caspar-David-Friedrich-Instituts nutzte den Kontakt zum Ausbau seines Instituts. Beide trieben den Umbau der Universität voran und unterstützten die Studierenden bei ihren Aktivitäten im Osten Pommerns. Wilhelm-Kästner ist 1942 nach Hamburg fortberufen worden. Im Rektorat folgte der Ur- und Frühhistoriker Carl Engel. Er stand in enger Verbindung zum Stab des NSDAP-Reichsleiters Alfred Rosenberg und führte 1942 Grabungen in den besetzten Gebieten Nordosteuropas durch. Als Rektor ließ Engel den einzelnen Instituten große Freiräume, die deren Direktoren dazu nutzten, kriegswirtschaftliche Forschungen zu forcieren und Eigeninteressen voranzutreiben.