Günther Jacoby

Quelle: Archiv

* 21. April 1881 Königsberg 
† 4. Januar 1969 Greifswald
Vater: Universitätsprofessor, Konsistorialrat
Konfession: evangelisch

Die Reifeprüfung legte Jacoby 1899 in Königsberg ab. Nach dem Einjährig Freiwilligen Wehrdienst absolvierte er weitere Übungen und wurde 1903 zum Leutnant, 1905 zum Hauptmann ernannt. Er studierte in seiner Heimatstadt und Tübingen Theologie und Philologie. Mit der Dissertation „Glossen zu den neuesten kritischen Aufstellungen über die Composition des Buches Jeremja“ wurde er 1903 an der Universität Königsberg zum Lic. theol. promoviert. 1904 absolvierte er den Vorbereitungsdienst für den höheren Schuldienst an Gymnasien in Allenstein und Lyck und legte die Staatsprüfung ab. Danach setzte er seine Studien in Berlin fort, konzentrierte sich jedoch auf Philosophie und Psychologie. Hier wurde er 1906 mit einer Studie über Herders und Kants Ästhetik zum Dr. phil. promoviert. 1906/07 war er Gastlehrer in Vanves bei Paris und studierte am Institut de France, 1907/08 war er Gastlehrer in Glasgow und setzte seine Studien dort fort. Für das Fach Reine Philosophie habilitierte er sich 1909 an der Universität Greifswald, ging jedoch bereits zum Studienjahr 1910/11 als Research Fellow an die Harvard University (Cambridge, USA), lehrte anschließend als Gastprofessor an der State University Illinois (Urbana, USA) und danach an den Universitäten Tokio und Kyoto. Nach der Rückkehr erhielt er 1913 den Professorentitel. Mit Kriegsbeginn wurde Jacoby eingezogen und im Dezember 1914 verwundet (befördert zum Hauptmann, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse). Auf Betreiben des preußischen Kultusministeriums wurde er 1915 als ordentlicher Professor an die Universität Istanbul berufen. Ende 1918 kehrte er zurück und trat als Kompanieführer in das Freikorps des Karl von Plehwe ein und warb in Pommern Freiwillige. Das Freikorps nahm an den Kämpfen der Weißrussischen Befreiungsarmee in Lettland teil. Inzwischen wurde Jacoby 1919 zum beamteten außerordentlichen Professor der Universität Greifswald ernannt, 1928 folgte die Ernennung zum persönlichen ordentlichen Professor. In Greifswald wandte sich Jacoby den Fragen der Erkenntnistheorie zu, 1925 erschien der erste Band seines philosophischen Hauptwerks „Allgemeine Ontologie der Wirklichkeit“, Band 2/I veröffentlichte er 1929. Den zweiten Teil des zweiten Bandes konnte er erst 1955 publizieren. Ein weiteres Arbeitsgebiet war die philosophische Logik, die er von der mathematisch begründeten Logik scharf abgrenzte. Im Juni 1937 wurde er in den Ruhestand versetzt, weil er im Fragebogen zum Berufsbeamtengesetz (unwissentlich) einen jüdischen Großvater verschwiegen hatte. Im August 1945 kehrte er als planmäßiger ordentlicher Professor an die Universität zurück. Von Februar 1946 bis Oktober 1948 versuchte er als Dekan den Neuaufbau der Philosophischen Fakultät zu steuern. Nach Auseinandersetzungen mit marxistisch-leninistischen Philosophen wurde Jacoby 1951 emeritiert, konnte seine Vorlesungstätigkeit aber fortsetzen. 1953 wurde er erneut mit der Leitung des Philosophischen Instituts betraut, aber seit 1955 abermals angegriffen und Ende der 1950er Jahre schließlich verdrängt.

O.: 1919 Freikorps Plehwe, während des Kapp-Putsches war Jacoby beim Reichswehrbataillon in Greifswald tätig und versuchte, eine Freiwilligeneinheit aufzustellen; Leiter einer informellen Vereinigung der Baltenkämpfer in Greifswald; Mitglied des Vereins der Offiziere des Gardegrenadier-Regiments „Königin Elisabeth“
Qu.: UAG PA 1255 Jacoby; BA Berlin R 4901/13267 Karteikarte Jacoby; Scholl, Hans: Der Greifswalder Philosoph Günther Jacoby (1881–1969). Ein Neuanfang geistiger Freiheit in der Philosophie bei sich anbahnender neuer Ideologieherrschaft, in: Gerhardt, Volker und Hans-Christoph Rauh (Hg.): Anfänge der DDR-Philosophie. Ansprüche, Ohnmacht, Scheitern, Berlin 2001, S. 274–287 u. 537–551.