Gerhardt Katsch
* 14. Mai 1887 Berlin
† 7. Mai 1961 Greifswald
Vater: Maler und Autor
Konfession: evangelisch
Katsch absolvierte das Französische Gymnasium in Berlin und bestand 1905 die Reifeprüfung. Er studierte Biologie, Physik und Philosophie in Paris, ab 1906 Medizin in Marburg und Berlin. 1911 legte er die ärztliche Prüfung ab und trat als Medizinalpraktikant in die Pathologie der Charité ein. 1912 erhielt er die Approbation und wurde mit einer Studie zur Magenbewegung promoviert. Im Februar 1912 folgte Katsch seinem Mentor Gustav von Bergmann zum Krankenhaus in Altona, wo er rasch vom Assistenz- zum Oberarzt befördert wurde. 1913 leistete Katsch den Einjährig Freiwilligen Dienst beim Infanterie-Regiment 91 ab. Während des Ersten Weltkriegs war Katsch seit August 1914 als Arzt eingesetzt und machte die Stellungskämpfe an der Westfront mit (ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse und dem Verdienstkreuz von Mecklenburg-Strelitz). In der Schlacht an der Somme wurde er verwundet und 1917 vorübergehend beurlaubt. 1917 wurde Katsch, der mit von Bergmann an die Universität Marburg ging, dort kumulativ habilitiert. Von Juli bis November 1918 leitete er eine Kriegslazarettabteilung und erhielt den Professorentitel. 1920 wechselte er mit von Bergmann an die Universitätsklinik in Frankfurt am Main. 1926 schied er aus und wurde Chefarzt der Medizinischen Klinik des Hospitals zum Heiligen Geist in Frankfurt. 1928 wurde Katsch zum ordentlichen Professor für Innere Medizin und Direktor der Medizinischen Klinik an die Universität Greifswald berufen. Hier profilierte er sich als Pionier der Diabetesbehandlung durch Arbeitstherapie und begleitende biochemische Behandlungen. Katschs Therapie entwickelte sich noch vor dem Zweiten Weltkrieg trotz ihres experimentellen Charakters, zum europäischen Modell.
Bereits in Frankfurt erneuerte er den Kontakt zur Reichswehr und wurde 1927 als Stabsarzt der Reserve bestätigt. Die Beförderung zum Oberfeldarzt folgte 1943, die zum Oberstarzt am 9. November 1944. Am 26. August 1939 wurde Katsch zum Chefarzt des Reservelazaretts Greifswald ernannt, das im Wesentlichen aus den Lazarettabteilungen in den Universitätskliniken bestand, bis 1945 jedoch auf mehr als 10 000 Betten anwuchs. Da Katsch auch eine Verwendung an der Front anstrebte, entwickelte er ein Austauschsystem mit seinen jeweiligen Oberärzten. Daher war er von November 1941 bis Ende März 1942 auf dem Balkan und von Mai bis November 1943 an der Ostfront eingesetzt, wo er Missstände beseitigte. An der kampflosen Übergabe der Stadt Greifswald am 29./30. April 1945 wirkte er als dienstältester Sanitätsoffizier mit. Ende 1945 wurde Katsch wie alle ehemaligen Nationalsozialisten entlassen, von der Besatzungsmacht jedoch in seinem Amt bestätigt. Einen Ruf an die Universität Mainz lehnte er ab, der 1947 ergangene Ruf an die Universität Berlin wurde nicht bestätigt, so dass Katsch in Greifswald blieb. 1950 erhielt er einen Einzelvertrag. Im Zuge der Bodenreform erhielt die Universität das Schloss Karlsburg der Familie von Bismarck-Bohlen, wo Katsch ein zweites Diabetikerheim einrichtete, das aber an die Deutsche Zentralverwaltung für Gesundheitswesen abgegeben wurde. 1955 wurde Katsch das Amt des Rektors übertragen, um sein Prestige in Ost und West bei den 500-Jahr-Feierlichkeiten 1956 propagandistisch auszunutzen. Katsch nutzte diese Stellung aber auch, um sich für verhaftete Studenten einzusetzen und den Einfluss der SED-Parteiorganisation vorübergehend einzudämmen.
O.: Am 1. März 1933 Eintritt in den Stahlhelm, 1934 überführt in SA, Scharführer, 1935 Sturmführer z. b. V.; am 24. Juli 1937 Eintritt in die NSDAP (Mitglied Nr. 4 865 153); 1934 Förderndes Mitglied der SS; NS-Fliegerkorps; NSLB
Qu.: UAG PA 1276 Katsch, R 2269; BA Berlin R 4901/13267 Karteikarte Katsch, Mitgliedskarte Ortskartei; BA-MA RW 59/2090 Karteikarte Katsch; Gerhardt Katsch: Greifswalder Tagebuch 1946–47, Kiel 2007.