Clemens Thaer

* 8. Dezember 1883 Berlin 
† 2. Januar 1974 Detmold
Vater: Oberrealschuldirektor
Konfession: evangelisch

Thaer besuchte Gymnasien in Berlin, Halle und Hamburg. Nach der Reifeprüfung 1901 studierte er in Gießen, Leipzig und Göttingen Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie. 1906 legte er die Prüfung für das höhere Lehramt ab und wurde an der Universität Gießen mit einer Studie „Über Invarianten, die symmetrischen Eigenschaften eines Punktsystems entsprechen“ zum Dr. phil. promoviert. 1907 trat er eine Assistentenstelle an der Universität Jena an. Dort habilitierte er sich 1909 mit der Studie „Eine Ausdehnung der Galoisschen Theorie auf algebraische Gleichungen mit mehrfachen Wurzeln“. Unmittelbar nach der Eheschließung nahm er eine Lehrerstelle für Mathematik am Gymnasium Greifswald an. An die Universität Greifswald umhabilitiert, hielt er seine Antrittsvorlesung 1913 über irrationale Zahlen. Seit 1915 militärisch ausgebildet, war er zunächst im Landsturm eingesetzt, dann in der Etappe bei Bialystok und mit dem Landwehrinfanterieregiment 49 an der Front vor Riga (befördert zum Unteroffizier). Nach der durch Krankheit bedingten Entlassung kehrte er nach Greifswald zurück und engagierte sich politisch. Für die Deutsche Volkspartei wurde er 1919 in die Preußische Verfassungsgebende Versammlung gewählt. Nach deren Auflösung kehrte er nach Greifswald zurück und wurde 1921 zum außerordentlichen Professor ernannt. 1923 folgte die Beförderung zum Studienrat. Da aus Sparsamkeitsgründen 1925 die Lehrauftragsvergütung an der Universität gestrichen wurde, konzentrierte sich Thaer jetzt auf seine Forschungen zur antiken Mathematik, vor allem die Übersetzung des Euklid („Die Elemente“, 1933–1937). Thaer war in erster Ehe mit einer jüdischen Ehefrau verheiratet, die 1929 verstarb und mit der er zwei als Nichtarier eingestufte Söhne hatte. Er protestierte 1933 vernehmlich gegen die Diskriminierung der Juden. 1935 opponierte er gegen die Entlassung des Direktors am Greifswalder Gymnasium Karl Schmidt. Gegen den Willen der Fakultät wurde Thaer deshalb nach Cammin in Hinterpommern versetzt und konnte seinen Lehrauftrag an der Universität nicht mehr wahrnehmen. Aus gesundheitlichen Gründen beantragte Thaer 1939 seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand und zog nach Detmold um. Seit 1940 arbeitete er aber wieder als Lehrer, u. a. an der Hermann-Lietz-Schule auf Spiekeroog.

O.: 1911 Eintritt in die Nationalliberale Partei, 1918 bis 1933 Deutsche Volkspartei, Ortsgruppenvorsitzender, Mitglied der Preußischen Verfassungsgebenden Versammlung 1919 bis 1921; Verein der ehemaligen 49er Greifswald; 1933 lehnte Thaer den Beitritt zum NSLB ab, wegen der Weigerung, in Cammin als Straßensammler der NSV tätig zu werden, wurde er in einem Disziplinarverfahren bestraft
Qu.: UAG PA 269 Thaer; BA Berlin R 4901/13278 Karteikarte Thaer; Welker, Lexikon Greifswalder Hochschullehrer, S. 232.