Ulrich Noack

Quelle: Archiv

* 2. Juni 1899 Darmstadt 
† 14. November 1974 Würzburg
Vater: Universitätsprofessor für Archäologie
Konfession: evangelisch

Der an Asthma bronchiale Erkrankte besuchte zunächst das humanistische Gymnasium in Tübingen, später Schulen in der Schweiz. Die Reifeprüfung legte er 1919 in Davos ab. Er studierte Geschichte und Philosophie an den Universitäten Berlin, Göttingen und München. An der Universität Berlin wurde er 1925 mit der schmalen Dissertation „Balkanproblem und Präventivkrieg unter dem Fürsten Bismarck. Das System der Aushilfen 1887“ zum Dr. phil. promoviert. Das erweiterte Buch über „Bismarcks Friedenspolitik und das Problem des deutschen Machtverfalls“ (1928) wurde wegen seiner kritischen Betrachtung des Reichskanzlers angefeindet. Seit 1925 unternahm Noack Studienreisen nach Italien und England, wo er sich mit dem Geschichtsphilosophen Arnold J. Toynbee (1889–1975) anfreundete, dessen geostrategisches Denken er adaptierte. Seit 1927 reiste er jährlich nach Norwegen zur Familie seiner Frau Valborg, der Tochter des Professors für Hygiene Axel Holst (1860–1931). An der Universität Frankfurt wurde Noack 1929 habilitiert. Die erweiterte Habilitationsschrift über den britischen Gelehrten John Dalberg-Acton (1834–1902) publizierte er erst 1936 unter dem provokanten Titel „Katholizität und Geistesfreiheit“, was die Gestapo veranlasste, das Buch zu verbieten. Nicht zuletzt deshalb war Noack nach 1933 mehrfach in universitäre bzw. politische Konflikte verwickelt. Verübelt wurde ihm zum Beispiel eine Überlegung zu der Frage, wie sich ein deutsches Kolonialgebiet in Afrika sinnvoll etablieren ließe – auf Kosten Frankreichs und entlang ethnischer Grenzziehungen. Da es Noack gelang, trotz der Anfeindungen durch Kollegen der Universität Frankfurt, ein gutes Verhältnis zum Wissenschaftsministerium herzustellen, wurde er 1937/38 mit der Vertretung des vakanten Lehrstuhls für mittlere und neuere Geschichte in Halle beauftragt. Wegen mangelnden Lehrerfolgs erhielt er das Ordinariat nicht, bekam aber ein Forschungsstipendium für ein Buchprojekt zur Nordischen Geschichte. Er zog nach Oslo um und trat dort der NSDAP bei. Band eins der geplanten Geschichte der nordischen Staaten erschien 1941 („Nordische Frühgeschichte und Wikingerzeit“). Bereits 1940 wurde er der Universität Greifswald als beamteter Dozent zugewiesen. In Norwegen entfaltete Noack politische Aktivitäten, unter anderem ermöglichte er Ende 1939 den Besuch Vidkun Quislings (1887–1945) in Berlin, was vom Auswärtigen Amt als unangemessen empfunden wurde. Noack wurde daraufhin 1940 nach Greifswald versetzt und zum Direktor des Norwegischen Instituts ernannt. Die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor folgte 1942. Da sich in Noacks umfangreichem Bekannten- und Freundeskreis Angehörige der Verschwörung des 20. Juli 1944 befanden, wurde er im Herbst 1944 verhaftet, aber nach wenigen Wochen entlassen. Ende 1944 fand Noack Kontakt zu einem Gesprächskreis, dem auch ehemalige Kommunisten und Sozialdemokraten angehörten, im Entnazifizierungsverfahren überhöhte er diese Kontakte zu widerständigem Verhalten. Er gehörte jedoch einem am 15. Mai 1945 gegründeten Hochschullehrerbund zur demokratischen Erneuerung an und trat wenig später der CDU bei. Da sich die personelle Überprüfung in Greifswald hinzog, nahm Noack 1946 den Ruf auf ein Ordinariat für mittlere und neuere Geschichte an der Universität Würzburg an, wo er 1964 emeritiert wurde. Hier wirkte Noack vor allem als Publizist und Politiker. 1948 gründete er den „Nauheimer Kreis“ der sich für die politische Neutralität eines wiedervereinigten Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und Finnlands einsetzte und gegen die geplante Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland eintrat. 1951 aus der CSU ausgeschlossen, gründete er die Gruppe „Freie Mitte“. Von 1956 bis 1960 war er Mitglied der FDP, danach näherte er sich der SPD an.

O.: 14. Januar 1939 NSDAP-Anwärter (Parteiausweis. Nr. 9 der Ortsgruppe Oslo)
Qu.: UAG PA 2445 Noack, zum Parteibeitritt vgl. ebd.  Bd. 1, Bl. 7; UAH PA 12034 Noack, BA 4901/23004 Noack; DBE Bd. 7, S. 428; Altgeld, Wolfgang: Nauheimer Kreis, in: Historisches Lexikon Bayerns, auf: www.historisches-lexikon-bayerns.de.